let your scars shine

Anne 36 Jahre, Münsterland

Auf dem Weg zum Wochenende war ich unglaublich nervös. Denn ich kannte die Frauen nicht persönlich. Wir haben uns zwar über Social Media immer wieder mal ausgetauscht, aber für das, was wir an dem Wochenende vorhatten, war es schon etwas Anderes. Ein persönliches Treffen. Ganz nah, ganz intim. Wie wird es werden? Werden wir uns verstehen? Traue ich mich, mich außerhalb meiner Komfortzone zu bewegen?

Doch mit mit jeder Frau mehr, die im Hotel ankam, wurde das Gefühl von Gemeinschaft immer stärker. So viel Herzlichkeit. So viel Magie. So viel Liebe. Es war einfach großartig. Und wie sollte es auch anders sein, wir kamen direkt ins Gespräch und wir redeten und redeten. Sprachen uns gegenseitig Mut zu. Hörten zu, lachten und ja, es wurde auch geweint. Jede von uns brachte ihre eigene Geschichte mit. Ihre eigene Persönlichkeit und zusammen gab man sich an diesem Tag Halt, Verständnis, Vertrauen und Ruhe. Manch eine steckte noch mitten in der Therapie, die andere hat vielleicht schon ein wenig Verschnaufzeit nutzen können. Und dennoch gab es da dieses Miteinander. Und einfach diese unsagbar schöne Gemeinschaft. Ein ganz grosses WIR.

Nachdem wir liebevoll vom ganzen Team begrüßt wurden, konnten wir uns mit Hilfe zweier Visagistinnen auf das Shooting vorbereiten. Wir wurden beraten, gestärkt und irgendwie aufgefangen.

Denn dank dem wundervollen Team konnten wir uns ein Stück weit fallen lassen. Für mich gab es zu keinem Moment das Gefühl, dass ich mich unwohl fühlte oder aber schämen musste. Es wurde auf die jeweiligen Bedürfnisse eingegangen, auf das eigene Wohlfühlen. Ein paar probierten auch einfach mal etwas Neues aus. Und ich kann nur sagen, das eigene Selbstwertgefühl nimmt dabei einfach so viel mit. Es wird gestärkt. An dem Tag standen da 13 tolle starke taffe Frauen, die trotz alledem sie selbst sind. An diesem Wochenende wurden etliche Narben mit Goldglitzer gekittet, jede von uns hat unterschiedliche Erfahrungen gesammelt und konnte im Austausch untereinander diese teilen. Es gab aber auch nicht nur die sichtbaren Narben, mit denen wir Frieden schließen wollten, sondern auch innerlich gibt es Narben, die solch eine Erkrankung mit sich bringt. Auch diese wollen gesehen werden und in Gemeinschaft lässt sich so manch ein Schmerz besser verarbeiten. Der Fotograf war einfühlsam und zugleich zurückhaltend. Ging offen mit uns allen um und wahrte zudem die Privatsphäre. Irgendwie bekam ich das Gefühl, dass wir alle mit in unser großes WIR mit einbezogen haben. Unbewusst versteht sich. Aber dennoch war das diese Glocke über uns und wir hatten unseren geschützten Raum.

Den Tag ließen wir abends mit einem gemütlichen Essen ausklingen. Jede von uns hat so viel mitgenommen. Nicht nur die Fotos an sich, nein, es war viel mehr als das reine Ausziehen. Es war Zusammenhalt, Hoffnung, Miteinander, Mut und Zuversicht. Jede ist einzigartig und wundervoll. Ich schätze, das wird eine Erinnerung sein, die ich nicht mehr vergessen werde.

Nach der Mastektomie: Wie Narben Mut und Stärke schenken

Sommer 2020 …. mit 35 Jahren erhalte ich die Diagnose Brustkrebs, und ab diesem Zeitpunkt war nichts mehr so, wie es mal war. Mein Fahrplan ab dieser Zeit beinhaltete Chemotherapie, Brustoperation und Antihormontherapie.

Mein Name ist Anne. Als ich die Diagnose bekam, war mir nicht klar, welcher Weg vor mir liegt, und ich habe mir auch bezüglich bevorstehender Brustoperationen keine großen Gedanken gemacht. Vorerst. Doch als feststand, dass die Brust abgenommen wird, entstanden gefühlt tausend Fragen und ich wusste nicht, wie ich mich entscheiden sollte. Ein Leben ohne Brust? Bin ich dann noch Frau? Oder doch der Aufbau mit Silikon? Was macht es mit mir selbst?

Nach etlichen Arztgesprächen und dem Austausch mit anderen Betroffenen entschied ich mich nach der Mastektomie für einen Wiederaufbau mit Eigengewebe aus dem Oberinnenschenkel. Die Angst vor der Operation war dementsprechend groß. Als ich dann aber im Aufwachraum eine weiche warme Brust spürte, liefen mir Tränen über die Wange.

Natürlich hinterlässt all das Narben. Die sichtbaren Narben sind für mich Erinnerungen, die an manch einem Tag sehr schmerzhaft sein können, mich aber an sehr vielen Tagen auch daran erinnern, wie stark der eigene Körper sein kann und wie viel er leisten kann, ohne, dass man sich dessen bewusst ist – die einem Mut schenken, wieder nach vorne zu sehen – zu wissen, wie stolz man auf sich selbst sein kann – wie wertvoll die eigene Persönlichkeit ist. Narben erzählen eine Geschichte.

Solltest du gerade am Anfang der Behandlung stehen, möchte ich dir eins mit auf den Weg geben: Du bist nicht allein! Wenn du glaubst, all das ist nicht zu schaffen, vertraue dir und deinem Körper. Suche dir, wenn du magst, Gleichgesinnte. Tausche dich aus. Stelle Fragen, wenn du mal nicht weiterweißt. Und vertraue auf dein Bauchgefühl. Jede Frau ist für sich einzigartig.

Ich wünsche dir Zuversicht, deinen Weg zu finden, der sich für DICH richtig anfühlt.

ein tag, der mein Leben komplett veränderte

Kathi 36 Jahre, Rosenheim

Meine Brustkrebsdiagnose habe ich am Freitagnachmittag, dem 21.05.2021, einen Tag vor meinem 34. Geburtstag, telefonisch erhalten. Ich weiß noch sehr genau, dass ich in diesem Moment das Gefühl hatte, dass meine Welt zerbricht. Drei Jahre später kann ich sagen, dass meine „Vor-Krebs-Welt“ mit der Krebsdiagnose zwar zerbrochen ist, ich aber das Leben in der „Nach-Krebs-Welt“ sehr liebe und genieße. Ich habe mich relativ schnell nach der Diagnose für eine Ablatio ohne Rekonstruktion entschieden. Auch wenn ich anfangs auf viel Unverständnis stieß und für meine Entscheidung kämpfen musste, war es für mich die richtige OP-Methode.

Heute bin ich stolz auf mich, dass ich mich damals nicht zu einem Wiederaufbau habe überreden lassen und auf mein Bauchgefühl gehört habe. Am liebsten würde ich die Kathi, die kurz nach der Diagnose steht, in den Arm nehmen und ihr sagen, dass sie so stark ist! Dass es kein leichter Weg sein wird, aber dass sie die Höhen und Tiefen durchstehen wird. Natürlich war es am Anfang ein sehr komisches Gefühl, keine Brust mehr zu haben, aber mittlerweile sind meine Narben und ich gute Freundinnen geworden.

Einen großen Teil dazu beigetragen hat für mich das LYSS Shooting. Ich habe mich für das erste LYSS Shooting beworben und wurde dann kurzfristig als Nachrückerin eingeladen. Ich war sehr aufgeregt, weil ich keine der Frauen persönlich kannte und mich in Frauengruppen oft unwohl gefühlt habe, aber das hat sich an diesem Tag geändert. Mit mehr als der Hälfte war ich vorher schon über Instagram und die Tittie-Talks in Kontakt und fand es so schön, meine BUUSENFREUNDINNEN endlich live in den Arm nehmen zu können. An der Shooting Location waren innerhalb kürzester Zeit alle ganz selbstverständlich oben ohne und es hat sich angefühlt, als würden wir immer mit nacktem Oberkörper rumlaufen. Wir haben Luftballons geworfen, Narben beglitzert, Tränen des Loslassens geweint, uns gegenseitig unterstützt und so viel gelacht.

Für mich war’s einer der schönsten Tage meines Lebens und mein Foto und unser Gruppenfoto hängen in meinem Bad, damit ich dieses schöne, warme Gefühl, das ich an diesem Tag in mir hatte, nie vergesse.